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partners - Ydessa Hendeles


Als Partnerschaft können eine Reihe von Beziehungstypen bezeichnet werden, deren gemeinsamer Nenner im Ausschluss traditioneller Bindung liegen dürfte. Partner betrachten sich gegenseitig als autonome Subjekte, und nicht unbedingt als Menschen. Als Assoziationstyp kann diese Form die historische Epoche der Moderne repräsentieren, auch weil sie sich auf Institutionen, Staaten oder Kunstwerke ebenso anwenden lässt wie auf Personen.

In der von der Sammlerin und Kuratorin Ydessa Hendeles realisierten musealen Installation dient die Struktur der Partnerschaft als Dreh- und Angelpunkt eines Netzwerks von Kunstwerken, Objekten, Fotografien und Erläuterungen, das sich um die Entfaltung vor allem einer zeitgeschichtlichen Problemstellung bemüht, nämlich die Frage nach der sozialen Logik des Begehrens, das Phänomene wie das Dritte Reich und den amerikanischen Imperialismus ermöglicht hat.

Gestützt auf Diskurse der 70er und 80er Jahre wird dabei über die Reflexion medialer Strukturen eine kritische Distanz zur vorherrschenden visuellen Kultur gesucht, die den Blick auf die Verbindungen zwischen individueller Sozialisation und einer tendenziell prekären Politik lenken. Interessant scheint es hier vor allem dann zu werden, wenn das Medium seine ganz eigene Dynamik entwickelt und den Intentionen der beteiligten Akteure eine überraschende Wendung gibt. Für das im ersten Raum gezeigte Foto von ca. 1900, das die Gangster-Gruppe The Wild Bunch zeigt, die sich voller Stolz mit neu erworbenen Hüten haben ablichten lassen, wäre das der unbeabsichtigte Nebeneffekt, zum entscheidenden polizeilichen Hilfsmittel für die Verhaftung der Gruppenmitglieder geworden zu sein.

Folgt man den vorgesehenen Pfaden für die Besichtigung der Ausstellung, dann beginnt der erste der drei Abschnitte, die sich räumlich als drei Sackgassen darstellen, mit einer Kollektion von 1500 anonymen Privatfotos, denen ein mit abgelichteter Teddybär gemeinsam ist. Die Spielzeugfigur, die es in Nordamerika und Deutschland zu enormer Popularität gebracht hat, fungiert gesellschaftsübergreifend als Kultobjekt, das eine Art magischer Distanzierung von der grausamen Wirklichkeit. Die aufwändige Inszenierung der Fotos und Objekte scheint diesen Kult zu wiederholen, womit der Anspruch auf kritische Objektivierung des Phänomens allerdings kollidieren würde.

Erst die beiden Plastiken von Maurizio Cattelan vermögen den regressiven Überschuss zu negieren – vor allem die kniende Figur des kleinen Jungen mit dem Hitlerkopf, die allein in einem sonst vollkommen leeren Raum mit Blick auf eine hellgraue Wand präsentiert wird. Mit ihr fangen jene ins seelische Halbdunkel gerichteten Fragen wieder an akut zu werden, die sich auf unsere Wünsche und ihr Schicksal richten, auf die Geschichten also, die in Kindheit ihren Anfang nehmen und später in Formen von Macht und Unterdrückung zum Gefahrenherd werden. Jetzt erscheinen auch die Teddybären in einem unheimlicheren Licht, das durch die zweite Plastik Cattelans, einen toten („eingeschläferten”) Hund, noch verstärkt wird.

Den zweiten „Arm” des Ausstellungsparcours eröffnen Giulio Paolinis Mimesi, zwei identische pseudoantike Frauenfiguren aus Gips, die sich gegenseitig anblicken. Sie lenken die Aufmerksamkeit nicht nur auf jene Komplikationen narzisstischen Begehrens, an denen künstlerische Intentionen zu scheitern pflegen, sondern bilden auch eine markante Schnittstelle zur Architektur des klassizistischen Museumsgebäudes, dessen Hauptachse sich von hier aus dem Blick darbietet. Schon der kniende Hitlerjunge hat an die geschichtlichen Wurzeln des Baus gerührt, der bekanntlich von Hitler zum Zweck der Propaganda arischer Kunst errichtet wurde. Paolinis nackte Figuren irritieren diesen Kontext auch durch ihre Suggestion von physischer Verletzlichkeit, die dem heroischen Impetus der Architektur widerspricht.

Den Hauptsaal nimmt eine Arbeit von Hanne Darboven ein, die durch ihre Zurückhaltung ebenfalls jedes Phantasma von Erhabenheit unterläuft. Es handelt sich um 52 Kalenderblätter, für jede Woche des Jahres 1982 eines, die neben den Datumsangaben zwei Bilder immer wiederholen: die Reproduktion eines Gemäldes von einem Überseeschiff und das Foto eines Mannes namens Gorch Fock. Trotz der spärlichen handgeschriebenen Kommentare beinhalten die Motive komplexe historische Bezüge zum Schicksal national engagierter deutscher Juden im 20. Jahrhundert.

Auch die Ära des Zeppelins und ihr Ende mit der Katastrophe auf New Jersey verweist auf zerstörte Illusionen und bildet einen Übergang zu aktuelleren Dokumenten von Gewalt und Vernichtung. Pressefotografien jener Selbstverbrennung eines vietnamesischen Mönches und der Hinrichtung eines Vietcong auf offener Straße – zweier Ereignisse also, die bekanntlich als Medienereignisse in die Nachkriegsgeschichte eingegangen sind, treffen dabei wieder auf eher die persönliche Ebene fokussierende Werke von Bruce Nauman, On Kawara, Lawrence Weiner und James Coleman. Nauman wiederholt die Worte „Thank You!” in einen Video so oft und aggressiv, bis es wie „Fuck You!” klingt, und Coleman zeigt verfremdete Bilder von einem historischen Boxkampf, denen eine verzweifelte Flüsterstimme als innerer Monolog des Verlierers unterlegt ist. On Kawaras Datumsbild verweist auf den Tag, als in den Medien der Mordanschlag auf den Pabst als Schlagzeile erschien, und Weiner trägt eine Art universaler Formel der Erschütterung bei.

Auch im dritten Zweig der Ausstellung verschiebt sich dieser Grundton nur wenig. Beginnend mit zwei Arbeiten von Jeff Wall werden hier vor allem die Konditionierungen westlicher Stadtbewohner unter die Lupe genommen, wenn nicht nur (auf dem einen Bild) der latente Rassismus als Struktur inszeniert, sondern auch (im Anderen) die Zwanghaftigkeiten heutiger Verhaltensmuster im öffentlichen Raum aufgedeckt werden.

Fotografien von Walker Evans zeigen, dazu passend, unbeobachtet aufgenommene U-Bahn-Passagiere aus dem New York der 30er Jahre und stellen in Form eines biblischen Zitats („Viele sind berufen...”) die Frage nach dem Sinn ihrer Existenz. Evans’ Selbstportrait scheint sie sogleich explizit nihilistisch zu beantworten, wenn er sich wie eine entsubjektivierte Marionette darstellt, die quasi die Fesseln des eigenen Willens abgestreift hat.

Den Abschluss bildet eine Arbeit von Paul McCarthy: ein Spielzeug-Saloon in Lebensgröße, mit sich selbst bewegenden Figuren, gesteuert von einer gespenstischen Mechanik. Zwischen zwei weiblichen Figuren, die mit nacktem Unterleib und offenem Anus sich zugleich zu- und abwenden, bewegt sich ein ebenfalls halb nackter Cowboy, der seinen Metallpenis mit lederbehandschuhter Hand unablässig bearbeitet, während gelegentlich Schüsse zu hören sind. Hinter dem Tresen steht – Zigarre rauchend und mit Schweinekopf – die Figur des Schankkellners und verabreicht Whiskey-Portionen.

Insgesamt liefert Partners den Beweis, dass auch im Rahmen musealer Konventionen ein Arrangement von Werken und Dokumenten möglich ist, das historische Phänomene als komplexe Felder zur Darstellung bringt. Die Herausforderung scheint darin zu liegen, verschiedene Ansätze weder zu isolieren noch sie plakativen Thesen unterzuordnen. Letztlich hängt die Spannung aber auch davon ab, inwieweit die institutionellen Rahmenbedingungen genauso wie der Zugang der Betrachter als Faktoren selbst zum Gegenstand werden. Mit dem Fokus auf die Thematik des Begehrens und der Rolle, die es in Strukturen visueller Herrschaft spielt, erreicht diese Ausstellung daher vorbildlichen Charakter.

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Michael Hauffen

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