Galeria Plan B, Berlin11. Dezember 2010 – 20. Februar 2011
erschienen 2011 in springerin
Die Galeria Plan B, deren Fokus primär auf rumänischer Gegenwartskunst liegt, widmet sich in der von Judit Angel kuratierten Ausstellung ausnahmsweise jenem historischen Zeitraum, der eine entscheidende Grundlage für die aktuellen Entwicklungen bildet, nämlich den Jahren von 1980 bis ca. 2000, also der Phase vor und nach der rumänischen Revolution.Schon in den 80er Jahren begannen sich nämlich einige Künstler, vor allem der jüngeren Generation, von der offiziellen Kunst abzuwenden, und eine Form der inneren Emigration zu praktizieren, weil sie ihre Aktivitäten öffentlich nicht hätten zeigen können. In privaten Zirkeln entstanden kritische Arbeiten, die dann in der Phase der Öffnung den Status von Pionierarbeiten erhielten. In der Folge drehte sich alles um die Eignung dieser Ansätze, das kulturelle Vakuum zu füllen, das die gestürzte Diktatur hinterlassen hatte, wobei die zuvor eher versteckten Verweise auf den Geist der Demokratie bedingungslos freigesetzt wurden. Allerdings machte sich nun auch zunehmend die Logik des Marktes mit seinen Chancen und Herausforderungen geltend.Für die erste Phase steht beispielsweise die Gruppe von Künstlern, die unter dem Titel „House pARTy” eine private Veranstaltung in einem Haus in Bucharest organisierten, um dort von 1987 bis 1988 vor allem Performances zu entwickeln, die auf Video aufgezeichnet wurden. Die durchaus eigenständigen Ansätze zeichnen sich durch unaufgeregten Ernst aus und lassen sich nicht auf eine bloß oppositionelle Haltung reduzieren, was aber der Radikalität der Akteure erst die überzeugende Tiefe verleiht.Andere Arbeiten wenden ihren Blick aber auch direkt in die soziale Außenwelt wie etwa Eugenia Pop, deren Fotodokumentation von Aktionen, die sie bereits 1982 mit Kindern im ruralen Kontext durchführte, die in Rumänien dominierende Agrikultur zugleich in eine moderne Symbolik von Wachstum, Arbeit und Tausch übersetzen, ohne dabei poetische und verspielte Momente für den Fortschrittsglauben zu opfern. Zur gleichen Zeit hielt Jon Grigorescu Alltagsszenen fotografisch fest, die aus ideologischen Gründen tabu waren, und die er auch erst nach der Revolution ausstellen konnte. Insgesamt zeigt sich also, dass es bereits vor der Wende starke Bestrebungen gab, die Grenzen des offiziellen Kunstsystems zu verlassen und Ansätze wie concept art, Performance und Prozesskunst zu verfolgen, was auch bedeutete, die Rolle der Kunst neu zu definieren. Diese Voraussetzungen ermöglichten es dann nach der Wende, die schnellen gesellschaftlichen Veränderungen zu begleiten, und beispielsweise die Rolle der Marginalisierten im Blick zu behalten. Legendär in dieser Hinsicht ist das Ausstellungsprojekt 0101010101..., das viele der hier gezeigten Künstler wieder zusammenführte, und in einer Reihe von Kurzfilmsammlungen einen kollektiven Ausdruck für das gemeinsame Interesse an politisch engagierter Kunst fand. Aber auch rein museale Arbeiten setzen sich mit den Hinterlassenschaften des alten Regimes und den Schwierigkeiten auseinander, ihnen einen neuen Sinn zu verleihen. So bildet der Regierungspalast, für den Ceausescu einen ganzen Stadtteil eliminieren ließ, 1994 das Thema einer ironischen Arbeit der Gruppe subREAL. Ein Modell des monströsen Baus aus Zigarettenpackungen der staatseigenen Marke „Carpati”, sowie ein von der Decke hängender Stuhl, dessen vier Beine eine turmartige Verlängerung des Gebäudes nach oben suggerieren und zusammen mit den an ihnen befestigten Holzpflöcken wie die Düsen einer Rakete wirken, übersteigern den infantilen Größenwahn, den das Gebäude verkörpert, noch einmal. Gleichzeitig verweisen die Holzpflöcke aber auch auf den Vampirs-Mythos und auf die analytische Kompetenz volkstümlicher Auffassungen, denen eindeutig zuzutrauen ist, den Ceausescu-Palast als vom Todestrieb erzeugtes Objekt zu deuten.
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